Warum eigentlich ein Doktortitel?
Allein der Begriff „Titel“ ist schon falsch, da es sich tatsächlich um einen akademischen Grad handelt. Der „Doktor“ ist ein Abschluss. Dieser bescheinigt, dass der Abschlussinhaber in der Lage ist, selbstständig wissenschaftlich zu arbeiten – mehr nicht. Deshalb ist dieser Abschluss die Zugangsvoraussetzung für viele Tätigkeiten in der Forschung. Aus den Reihen den Doktoren profilieren sich wenige mit einer Habilitation (Dr. habil), diese können dann einen Ruf zur Übernahme einer Professur erhalten. Der Professor wiederum ist jemand, der Wissenschaftler ausbildet.
Wie kommt man jetzt zu „Doktorwürden“?
Ganz einfach: Durch ganz viel Fleiß und Begeisterung für Wissenschaft: Jahrelange Forschung unter Aufsicht eines Professors befähigt zur Verfassung einer „Doktorarbeit“. Wenn diese eine ausreichende wissenschaftliche Höhe aufweist, dann wird der Dokotorgrad verliehen. Wer diesen schweren Weg wählt, der wird auch eine Karriere in der Wissenschaft anstreben.
Wer einen solchen Weg beschreitet, der hat auch eine untadelige Doktorarbeit vorgelegt – schon alleine weil in seiner „Akademikerbubble“ jeder Betrugsversuch auffallen würde.
Was aber ist mit den Doktores, die gar nicht in der Wissenschaft Karriere machen wollen?
Da gibt es zunächst einmal die medizinischen Doktoren. Diese sind mitnichten in der Lage, selbstständig wissenschaftlich zu arbeiten. Trotzdem führen sie rechtmäßig den Doktorgrad. Warum? Weil in Deutschland die Voraussetzungen für einen medizinischen Doktor so stark abgesenkt wurden, dass vom wissenschaftlichen Gedanken nahezu nichts übrig blieb. Begründung: Der Patient hätte sonst kein Vertrauen in den Arzt. Naja. Mir persönlich ist ein ehrlicher Arzt – ohne „Dr.“ lieber, als ein DOKTOR med. der seinen Grad auf der satinierten Glastür seiner Praxis in Versalien schreibt.
Manche schaffen es sogar, bei dieser Light-Doktorarbeit noch oberflächlich zu arbeiten – so geriet die Doktorarbeit Ursula von der Leyens zu recht in den Focus der Plagiatsjäger. [1]
Vor 50 Jahren gab es noch die „Promotion am Standesamt“. Wer einen Herrn Doktor heiratete wurde fortan mit Frau Doktor angesprochen. (Umgekehrt ist mir kein Fall bekannt). Aus heutiger Sicht: lol!
Dann gibt es noch den Prestigedoktor. Ähnlich wie bei den Ärzten glauben viele andere (meist Juristen und Politiker), ein Doktortitel – und hier passt der Begriff Titel – würde als Ausweis einer besonderen Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit ausreichen. Dabei hatten sie nie vor, wissenschaftlich zu arbeiten. Dass solche Doktoren schon mit der Absicht, einen Blenderdoktor zu erwerben, die Promotion beginnen, bedeutet: Sie suchen sich einen Professor, der solche Doktoranten unterstützt. Seltamerweise passiert das nur selten in den MINT-Fächern.
Die Träger eines Prestigedoktortitels sind die natürliche Beute der Plagiatsjäger – hier werden sie oft fündig: Zu Guttenberg [3], Giffrey [4], Schavan [5], Koch-Mehrin [6], …
Bei Herrn Althusmann dagegen war die Doktorarbeit so schlecht, dass er damit hätte nicht Doktor werden dürfen – behalten darf er den Titel trotzdem [7], auch das gibt es.
Wer einen Abend mit herzlichen Lachen verbringen möchte, dem sei die Doktorarbeit eines Herrn Kohl [8] empfohlen. Tipp: Suchen Sie im Netz nach der korrigierten Version oder nach Kommentaren.
Wer selbst für eine solche Light-Promotion noch zu faul ist, der greift auf einen „Kaufdoktor“ zurück. Dabei handelt es sich meist um Anschlüsse, die in Deutschland nicht anerkannt sind und entsprechend nicht geführt werden dürfen. Diese Möglichkeiten, diese Titel zu erhalten, haben oft lustige Namen – zum Beispiel „Fernpromotion“. Die Herren Doktores dieser Machart kommen leicht ins Schwitzen, wenn sie befragt werden, ob der Titel in Deutschland anerkannt wird. Einen solchen Witzdoktor führt unser Verkehrsminister Scheuer inzwischen nicht mehr. Für einen Doktor in der Heimat hatte er aufgrund seiner mieserablen Magisterarbeit keine Chance. [9] Das jüngste Beispiel aus Niedersachsen ist der inzwischen zurückgetretene Landrat Levonen im Landkreis Hildesheim [2].
Dann bleibt dieser Aufzählung noch der Ehrendoktor: Dr. hc. – dabei handelt es sich um einen echten Doktor, der von einer echten Universität verliehen wird. Allerdings nicht als Aussage bezüglich einer wissenschaftlichen Qualifikation, sondern als ehrenvolle Aufnahme in den akademischen Kreis für besonders verdiente Persönlichkeiten.
Wenn sich also mal wieder ein „Witzdoktor“ über Frau Dr. hc. Thunberg [10] echauffiert und sie abwertend bei Vornamen nennt, so setzt er sich damit eine überdimensionierte Narrenkappe auf.
Deshalb: Wenn ein Doktor außerhalb der Wissenschaft auftaucht, so setzt er sich grundsätzlich der Gefahr aus, für einen Blender gehalten zu werden. In einer aufgeklärten Gesellschaft würde dem „Titel“ deshalb kein Vertrauensvorschuss zu teil werden.
Wussten Sie schon, dass die PIRATEN eine Partei sind, für die die Wissenschaft eine maßgebliche Rolle bei Entscheidungsfindungen spielt? Ob Sie hier wohl Light- oder Kaufdoktoren finden?
[1] https://www.spiegel.de/lebenundlernen/job/ursula-von-der-leyen-darum-darf-sie-ihren-doktortitel-behalten-a-1081520.html
[2] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Pseudo-Doktortitel-Levonen-bittet-um-Entschuldigung,aktuellhannover8106.html
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Plagiatsaffäre_Guttenberg
[4] https://www.spiegel.de/panorama/bildung/franziska-giffey-und-ihre-doktorarbeit-kein-magna-und-kein-laude-mehr-a-198bd3ea-fe08-4b4d-a06d-9eb9cfcd1d52
[5] https://www.spiegel.de/lebenundlernen/job/annette-schavan-doktortitel-vor-gericht-verloren-a-959597.html
[6] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/doktortitel-aberkannt-silvana-koch-mehrin-taeuschte-mit-125-plagiaten-auf-80-seiten-12130948.html
[7] https://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/uni-urteil-zu-minister-althusmann-glueck-gehabt-schluderdoktor-a-801093.html
[8] https://scilogs.spektrum.de/denkmale/peinlich-doktorarbeiten-von-kohl-einstein-und-goethe/
[9] https://www.faz.net/aktuell/politik/csu-generalsekretaer-scheuer-durfte-in-passau-nicht-promovieren-12757800.html
[10]