Die schönsten Weltrekorde werden nirgends erfasst. Hier ist meiner.

Jedes Jahr zur Weihnachtszeit erwarten uns Fernsehbilder, die wir erwarten. Da hätten wir jede Menge Disney, der kleine Lord, viele dicke Kinder mit Blockflöten, die Weihnachtsansprache der Bundespräsidentin (manchmal bin ich der Zeit voraus) und natürlich der Bericht, dass die Bundeskanzlerin – mindestens aber die Verteidigungsministerin oder besser beide – deutsche Soldaten im Ausland besuchen.

Ist das nur in Deutschland so üblich oder gar in allen Ländern, in denen Weihnachten gefeiert wird?

Die Antwort kann ich aus erster Hand geben: Im Dezember 1997 war ich im Hauptquartier der multinationalen Division Salamandre in Bosnien für die Koordinierung des Luftverkehrs verantwortlich. Im Divisionsgebiet lag Mostar – eine beliebte Photokulisse für Politiker. Zudem was die multinationale Division (DMNSE, Division Multinationale Sud Est) natürlich multinational – viel multinationaler als die beiden anderen Divisionen, die im wesentlichen britisch und us-amerikanisch waren.

Bei uns gab es 36 Nationen. Die Franzosen stellten den größten Anteil, deshalb war die Arbeitssprache auch Französisch – aber das ist eine andere Geschichte.

Unser Verteidigungsminister – damals Volker Rühe – war regelmäßig zu besuch. Für ihn als ungedienten war militärischer Pomp das wichtigste. Außerdem waren Ansprechpartner unterhalb des Generalsranges unter seiner Würde. Rühe wohnt in Hamburg, ich studierte an der Bundeswehruniversität in Hamburg – eine weitere Uni gab es in München.

Wenn der Minister also mit dem „Privathubschrauber“ ins Wochenende fliegen wollte, dann musste also ein offizieller Termin in Hamburg her, also Bundeswehruniversität: antreten! (Komisch, die Münchner bekamen nie einen Freitagsbesuch vom Minister).

Als Scharping Verteidigungsminister wurde, war ich nicht mehr im Einsatzland. Berichtet wurde aber, dass er die Generäle eher mied und sich – das Protokoll ignorierend – mit ein paar Gefreiten zum Skatspiel zurückzog und nach einer Stunde mehr über den Zustand der Bundeswehr wußte, als Rühe nach mehreren Dienstjahren.

Doch zurück zu den vorweihnachtlichen Photoshootings:

Der absolute Rekordhalter war Helmut Kohl. Bei ihn war es vergebene Müh, die Triebwerke seines Hubschraubers abzustellen und die Rotoren anzuhalten. So schnell wie er es schaffte, einen Soldaten die Hand zu schütteln, sich ablichten zu lassen und wieder im Flieger zu sitzen war definitiv ein Weltrekord – aber um den geht es hier nicht.

Um meinen – inoffiziellen – Weltrekord zu verstehen, muss man wissen dass es in der Fliegerei den Begriff VIP-1 gibt. Zu dieser Gruppe gehören Staats- und Regierungsoberhäupter und Gleichgestellte.

Mein persönlicher Rekord: 8 VIPs innerhalb eines Tages transportiert auf einem Gebiet, dass der Größe Niedersachsens entspricht! Damit halte ich den Rekord der größten Dichte an Staatsoberhäuptern bezogen auf Raum und Zeit, die meisten Transportminuten von multiplen Staatsoberhäuptern innerhalb weniger Stunden, den meisten Securety-Mitarbeitern in einen Gefechtsstandscontainer (ja, da stand wirklich einer pro Staatschef hinter mit, der Amerikaner hat tatsächlich nie die Sonnenbrille abgenommen). Die Chance auf die größte Zahl erlegter Staatsoberhäupter bei multiplen Luftfahrzeugkollisionen innerhalb eines Tages habe ich deshalb ausgelassen.

Besonders sehenswert war immer das Gesicht des US-Securetyristen, wenn er fragte „Where is my President“ und meine Antwort lautete „Woher soll ich das wissen?“. Er hätte mich ja auch bitten können, die Position bei der Flugsicherung zu erfragen – hätte ich für ihn gemacht.

Um jetzt eine detaillierte Aufstellung zu liefern, wer alles gleichzeitig in der Luft war, müßte ich mein Photo der Planungstafel wiederfinden – bis dahin können Sie mir einfach glauben. Erinnert dabei waren Kohl, Clinton, Solana (UN), ein Franzose, Spanier, …

Wenn ich heute sehe, wie jemand ohne jegliche Gefechtsstandserfahrung versucht auf Kreisebene Pandemiemanagement zu betreiben, … (Ich kotze im Strahl).

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