Wir leben in schweren Zeiten – für ein Prosit. Als junger Offizier habe ich gelernt, dass das erste alkoholische Getränk des Abends auf das Wohl des Bundespräsidenten getrunken wird.
Korrekt und in Gänze lautet der Trinkspruch: „Wir erheben unser Glas zum Wohle und zur Ehre unseres verehrten Bundespräsiden- ten, Herrn…“. Damals war es Roman Herzog, und das Trinken auf sein Wohl fiel uns leicht. Allerdings wären wir keine Jungoffiziere gewesen, wenn wir den Spruch nicht erweitert hätten.
So wurde daraus bald „Wir erheben unser Glas zum Wohle und zur Ehre unseres verehrten Bundespräsidenten, Herrn Roman Herzog und auf Steffi Graf!“. Ich weiß nicht mehr, wer die Ergänzung das erste Mal vorgenommen hat und warum – sie war plötzlich da. Und weil es so viel Spaß brachte, auf den Bundespräsi und auf Steffi zu trinken, haben wir jede Runde auf die beiden getrunken.
Wenn es dann etwas später wurde – die Promille wurden von Runde zu Runde ja auch nicht weniger – folgte noch der Zusatz (auch wenn die Wahrheit schwer ist, ich werde jetzt ehrlich sein) „und auf dicke Titten!“. Der komplette Trinkspruch lautete am späteren Abend also: „Wir erheben unser Glas zum Wohle und zur Ehre unseres verehrten Bundespräsidenten, Herrn Roman Herzog, auf Steffi Graf und auf dicke Titten!“. Zur heutigen Zeit würde das vermutlich zu einer umfassenden Berichterstattung in den Medien, zum Rücktritt des Verteidigungsministers und zur Vereidigung von Steffi Graf als Nachfolgerin führen – damals wurden wir aber noch nicht einmal des Casinos verwiesen.
Wurde der Abend noch später, litt üblicherweise die Artikulationsfähigkeit. Da der komplette Passus „Wir erheben unser Glas zum Wohle und zur Ehre unseres verehrten Bundespräsidenten, Herrn Roman Herzog, auf Steffi Graf und auf dicke Titten!“ dann nicht mehr so leicht von den Lippen ging, musste er abgekürzt werden. Die einfachste Kurzform war „Titten!“.
Das bedeutete natürlich nicht nur einfach eine Reduktion der Ehrungen. „Titten!“ stand nach wie vor für „Wir erheben unser Glas zum Wohle und zur Ehre unseres verehrten Bundespräsidenten, Herrn Roman Herzog, auf Steffi Graf und auf dicke Titten!“.
Meine Wehrdienstzeit liegt lange zurück. Auf Steffi Graf habe ich lange nicht mehr getrunken und in meiner Altersklasse siegt mehr und mehr die Ästhetik einer weniger üppigen Brust – bei konstanter Schwerkraft und sinkender Spannkraft der Haut verliert die Üppigkeit ihren Reiz.
Somit blieb immer noch die Möglichkeit auf den Bundespräsi zu trinken, aber: „Wir erheben unser Glas zum Wohle und zur Ehre unseres verirrten Vertreters des Bundespräsidenten, Herrn Horst Seehofer, seine zwei Ehefrauen, seine Geliebte und seine unehe- liche Tochter“ geht doch recht schwer von den Lippen. Familienstand und Kinder soll übrigens jeder haben wie er will, da aber gerade die erzkatholischen Bayern immer noch so viel Wert auf gesittete Verhältnisse legen, bringt es einfach Spaß, den Finger in diese Wunde zu legen.
Überhaupt hatten wir nicht viel Glück mit den letzten Präsis. Horst Köhler war schon kein Hit und Promiwulff hatte als Präsi nur den Vorteil, dass Niedersachsen ihn endlich los war – trinken konnte mann aber erst nach seinem Rücktritt, und zwar auf seinen Rücktritt!.
Bis wir auf Herrn Gauck anstoßen können schlage ich deshalb vor, auf den Weltfrieden zu trinken. Auf Europa, den Euro, die Gezeiten und den zweiten Frühling. Auf Udo Lindenberg, Marianne Rosenberg, auf Tavor und natürlich auf die weibliche Brust. Da der ganze Spruch etwas zu lang ist, schlage ich vor, auf eine bewährte Abkürzung zurückzugreifen: „Titten!“